Gemäss dem neusten KPMG Forensic Fraud Barometer befassten sich Schweizer Gerichte im Jahr 2021 mit 68 Fällen von Wirtschaftskriminalität, bei denen die Deliktsumme mindestens 50’000 Franken betrug. Der Gesamtschaden von 567 Millionen Franken lag um 37 Prozent höher als im Vorjahr, wobei ein einziger Betrugsfall mit 300 Millionen Franken zu Buche schlug. Die tatsächlichen Zahlen dürften wesentlich höher liegen, weil viele Fälle gar nicht erst zur Anzeige gebracht werden.

Öffentliche Institutionen am häufigsten betroffen
Mit 25 von total 68 gerichtlich verhandelten Fällen waren öffentliche Institutionen besonders häufig im Visier von Wirtschaftskriminellen. In sieben Fällen gab es Verurteilungen in Zusammenhang mit unrechtmässig erlangten Covid-19-Krediten. «Ich gehe davon aus, dass wir aufgrund eines zeitverzögerten Effekts weitere solche Fälle in den nächsten Ausgaben unseres Fraud Barometers sehen werden», erklärt Anne van Heerden, Leiter Forensik bei KPMG.

Die zweitmeisten Gerichtsfälle im Zusammenhang mit Wirtschaftskriminalität betrafen kommerzielle Unternehmen – mit einer Schadenssumme von 134 Millionen Franken. Finanzinstitute waren nur in drei Fällen als Opfer betroffen, wobei ein einziger Betrugsfall mit 300 Millionen Franken mehr als die Hälfte des Gesamtschadens für 2021 ausmachte.

Privatpersonen waren grösste Tätergruppe
Die gewerbsmässigen Betrüger wurden letztes Jahr durch Privatpersonen als grösste Tätergruppe abgelöst, so KPMG weiter. Mit 23 von 68 aller verhandelten Wirtschaftsdelikte entfällt ein Drittel auf diese Gruppe. Die durchschnittliche Deliktsumme betrug rund 700’000 Franken.

Mit 18 Fällen mit einer Gesamtdeliktsumme von über 123 Millionen Franken waren Angestellte in leitenden Funktionen («Management») die zweitgrösste Tätergruppe. Die durchschnittliche Deliktsumme pro Fall betrug fast 7 Millionen Franken und war damit rund zehnmal höher als bei der Tätergruppe der Privatpersonen.

«Die Deliktsummen verursacht durch das Management sind im Allgemeinen höher als bei Privatpersonen oder Mitarbeitenden. Einerseits verfügt diese Tätergruppe oft über Insider-Informationen, und andererseits ist sie in einer starken Position, diese Informationen für kriminelle Zwecke einzusetzen», sagt Anne van Heerden.

(Sozial-)Versicherungsbetrug häufigste Delikte
Die häufigste Deliktart war letztes Jahr mit 20 Fällen der (Sozial-)Versicherungsbetrug, der im Vorjahresvergleich viel häufiger gerichtlich verhandelt wurde (2020: 8 Fälle). Dies liegt unter anderem an den vorhin erwähnten sieben Betrugsfällen in Zusammenhang mit Covid-19-Krediten. «Wirtschaftskriminelle versuchen, neue rechtliche Rahmenbedingungen und Lücken im System sofort und gezielt für ihre Zwecke auszunutzen», führt der Forensiker Anne van Heerden auf. «Dies war wenig überraschend auch bei den Covid-19-Krediten der Fall.»

Ebenfalls stark zugenommen haben 2021 Gerichtsverhandlungen zu Betrugsfällen. Dabei überzeugen die Täter das Opfer beispielsweise unter Vorspiegelung falscher Tatsachen, eine Vorzahlung zu leisten, der dann aber nicht die vereinbarte oder versprochene Leistung folgt.